Kurzpredigt im Vorübergehen
Selbstgewählte Einsamkeit hat schöpferisches Potential.
Doch ungewollte, negative Einsamkeit
ist ein Problem unserer Tage.
Ihre Ursachen sind vielfältig – individuell und sozial,
ihre Folgen sind körperlich und seelisch
leidvoll und destruktiv.
Ein Ausbruch aus dieser Enge brächte neue Lebensqualität.
Die biblischen Adventstexte zeigen Wege auf,
der Einsamkeitsfalle zu entkommen
und erlösende Gemeinsamkeit zu erfahren.
Ich gehe zur Mitte
EINSAMKEITSFÄHIG WERDEN
Wenn ein Tatort-Krimi (Überlebe wenigstens bis morgen)
die Einsamkeit mit einer beklemmenden Handlung zum
Thema wählt, macht er vielen ein gravierendes
gesellschaftliches Problem bewusst.
Doch Einsamkeitserfahrung gab es schon immer,
sie gehört zur menschlichen Existenz
Weise Köpfe haben sie vielfach beleuchtet:
Hermann Hesse: „Leben ist Einsamsein. Kein Mensch
kennt den andern. Jeder ist allein.“
Blaise Pascal: „Das ganze Unglück der Menschen rührt
allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu
leben vermögen.“
Franz Kafka: “Was ich geleistet habe, ist nur eine
Erfahrung des Alleinseins.“
Mutter Teresa: „Einsamkeit und das Gefühl unerwünscht
zu sein, ist die schlimmste Armut.“
So klingen verschiedene Aspekte der Einsamkeit.
Zunächst also ist zu sehen, dass Einsamkeit eine
positive, ja notwendige Seite hat.
Erst das Alleinsein ermöglicht es, sich selbst zu finden.
Stille führt uns dazu, mit der eigenen Tiefe und ihren
Abgründigkeiten vertraut zu werden.
In der selbstgewählten Einsamkeit entfalten sich
Gedanken, Ideen, kreative Fähigkeiten, das sensible
Gewissen. Die Beziehung zu uns selbst ist die
schöpferische Kraft für die Beziehung zu anderen, die wir
ebenso brauchen. Wir leben doch von Anerkennung,
Vertrauen, Wertschätzung, Freundschaft und Liebe.
Wer aber nicht zu sich selber gefunden hat, bleibt innerlich
unreif und leer und kann keine echte Beziehung aufbauen.
So entsteht die quälende, negative Einsamkeit, wie sie
symbolisch auf unserem Plakat dargestellt ist.
Diese kann verschiedenste Anlässe und Ursachen haben
– individuelle und gesellschaftliche Faktoren.
Auffallend ist, wie viele heute online vernetzt sind,
unablässig telefonieren, chatten, twittern, aber kaum
echte persönliche Kontakte haben. Eine Klage: „Ich bin
verloren unter hundert Freunden.“ Ein Tatort-Zitat: „Ich
habe um Hilfe gerufen, aber keiner hat mich erhört.“
Es wird deutlich: Nicht die Quantität von Kontakten ist
entscheidend, sondern die Qualität, die Offenheit
füreinander, aus der Verbundenheit werden kann.
Psychologische Erkenntnis: Nicht die Einsamkeit ist das
wirkliche Problem, sondern die Unfähigkeit, mit der
Einsamkeit schöpferisch umzugehen.
Um einsamkeitsfähig zu werden, bedarf es vor allem
der persönlichen Anstrengung – aber achtsame Außen-
stehende können dabei helfen, Türen und Wege aus
dem Einsamkeitsgefängnis zu öffnen. Anstöße dazu
wollen unsere Adventsgottesdienste geben.
Anselm Grün gibt hier eine eigene Erfahrung weiter:
„Wenn wir das Alleinsein auf unsere persönliche Weise
gestalten, dann wird in der Einsamkeit in der Tiefe des
Herzens etwas Neues reifen:
das Einverständnis mit dem Leben, das Offensein für das
Geheimnis des Lebens. Ich werde eine andere Welt in mir
entdecken, die Welt des inneren Reichtums meiner
Seele.“
Ulrich Schäfer
Mein Herz sucht Gottes Nähe
DU BIST DA
Wenn ich nach Hause komme
und mich Dunkelheit empfängt –
du bist da.
Wenn ich mich von meinem Umfeld
nicht verstanden fühle –
du hörst zu.
Wenn ich in einer Menschenmenge
untergehe –
du siehst mich.
Guter Gott, egal wo ich bin
Ob viele Freunde um mich sind
oder ob ich alleine bin,
Ob ich lache
Oder ob ich mich zurückziehe,
Ob ich laut
Oder ob ich leise bin,
Du bist da
Du fängst mich auf
Du hörst mir zu
Du siehst mich.
Ich bin nicht allein.
Stephanie Roppelt
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